Ist Jesus in 2. Petrus 1,1 GOTT?
(Is Jesus God in 2 Peter 1.1?)
Von Servetus the Evangelical
Im Neuen Testament gibt es zwei Briefe, deren Urheberschaft dem Apostel Petrus zugesprochen wird. Viele Bücher und Briefe der Bibel haben ihre Titel erst erhalten, nachdem sie geschrieben worden sind und das häufig auch von einer anderen Hand. Die frühe Kirche ist einmütig der Meinung gewesen, dass Petrus den 1. Petrusbrief geschrieben hat; aber jahrhundertelang hat die Kirche darüber diskutiert, ob er auch den 2. Petrusbrief verfasst hat. Die meisten modernen, historisch-kritischen Neutestamentler verneinen dies. Weil die Anrede in diesem Brief die Urheberschaft Petrus` bestätigt und auch aus anderen Gründen bin ich geneigt, zu glauben, dass er ihn geschrieben hat.
Die einzige problematische Stelle in den beiden Petrusbriefen hat mit der Frage zu tun, ob Petrus in 2. Petrus 1, 1 davon spricht, dass Jesus GOTT ist. Auch hier gibt es grammatische Probleme, die denen in Titus 2, 13 und 2. Thessalonicher 1, 12 sehr ähnlich sind und die meistens die richtige Wortreihenfolge betreffen. Es geht um die Frage, ob im letzten Teil des Satzes in 2. Petr 1, 1 zwei Personen genannt sind, nämlich der Vater und Christus, oder eine Person, nämlich Christus? Die „Eine Person-Sicht“ nennt Christus „GOTT“; die „Zwei Personen- Sicht“ tut das nicht. Der problematische Satzteil in 2. Petr 1, 1 lautet im griechischen Text folgendermaßen (darunter ist eine interlineare Übersetzung angegeben):
• tou theou hemon kai soteros Iesou Christou
• Der GOTT von uns und Retter Jesus Christus
Nur in wenigen englischsprachigen Bibeln ist dieser Teil des Satzes in 2. Petr 1, 1 in der „Zwei Personen – Sicht“ übersetzt worden, die Jesus Christus in diesem Fall nicht „GOTT“ nennen. Im Gegensatz dazu ist in der Mehrzahl der englischsprachigen Übersetzungen dieser Satz in der „Eine Person-Sicht“ übersetzt worden, in der Jesus Christus „GOTT“ genannt wird.
In verschiedenen Bibelübersetzungen (Abkürzung in Klammern) heißt dieser Teilsatz wie folgt:
In der Zwei Personen-Sicht:
• „GOTTES und unseres Retters Jesus Christus“ (AV)
• „Unseres GOTTES und des Retters Jesus Christus“ (ASV, RSVmg, NRSVmg, NWT) In der Eine Person-Sicht:
• „unseres Gottes und Retters(,) Jesus Christus“ (RV, NAB, TCNT, RSV, NEB, JB, NASB, NIV, NJB, REB, NRSV, ESV)
[Deutschsprachige Bibeln mit der „Zwei Personen-Sicht“ sind z.B. Luther, HfA, GNB, Einh.Ü, Menge. Die Eine Person-Sicht findet man in Elberf, Schlachter, NGÜ, NeÜ, Zürcher]
Gründe, die für die Annahme sprechen, dass Jesus Christus in 2. Petr 1, 1 „GOTT“ genannt wird, sind folgende (Die entsprechenden Entgegnungen sind gleich angefügt):
1. Im griechischen Text deutet das Fehlen eines vorangehenden Artikels vor soteros (Retter) darauf hin, dass das Pronomen hemon (unser) sich allein auf theou (GOTT) bezieht.
Entgegnung: J.N.D. Kelly sagt: „‘Retter‘ hat die Tendenz ohne Artikel geschrieben zu werden ... auf jeden Fall ist der korrekte Gebrauch des Artikels im späten Griechisch aufgegeben worden.“
Entgegnung: J.N.D. Kelly sagt: „‘Retter‘ hat die Tendenz ohne Artikel geschrieben zu werden ... auf jeden Fall ist der korrekte Gebrauch des Artikels im späten Griechisch aufgegeben worden.“
2. Die Lobpreisung Christi in 2. Petr 3, 18 weist darauf hin, dass der Autor Christus „GOTT” nennen kann.
Entgegnung: Lobpreisungen, die an Christus gerichtet sind, sind in der Frage, ob er „GOTT“ genannt wurde, ohne Belang, weil Jesus mit Bezug auf den Vater gesagt hat: „Es ist Sein Wille, dass alle dem Sohn die gleiche Ehre geben wie dem Vater.“ (Joh 5, 23 nach der New English Bible).
3. Da es in den hellenistischen Ländern üblich gewesen ist, religiöse oder politische Personen „unser Gott” zu nennen, wird es auch für diesen Schreiber ganz normal gewesen sein, Christus „unseren Gott und Retter” zu nennen.
Entgegnung: Göttliche Inspiration unterbindet heidnischen Einfluss.
Entgegnung: Göttliche Inspiration unterbindet heidnischen Einfluss.
4. Die in 2. Petr 1, 11 vorkommende benachbarte Verbindung mit dem artikellosen soteros (Retter) („unser Herr und Retter Jesus Christus“) entspricht dem „GOTT“ und „Retter“ in Vers 1, was nahelegt, dass beides miteinander zu verbindende Titel sind.
Entgegnung: Der zusammengesetzte Titel „Herr und Retter“ taucht im Neuen Testament außer im 2. Petrusbrief sonst nirgendwo auf und hier finden wir ihn gleich vier Mal (2. Petr 1, 11; 2, 20; 3, 2 u. 18). Dieser Hinweis, zusammen mit dem weithin akzeptierten späten Datum der Urheberschaft des zweiten Petrusbriefs, legt nahe, dass die Worte „Herr und Retter“ dann zu einer festen Formulierung geworden sind, bei der ein vorausgehender Artikel vor „Retter“ vorausgesetzt worden ist. Dieser wiederholt vorkommende zusammengesetzte Titel „Herr und Retter“ in 2. Petrus 2 ist keine geeignete Parallele für „GOTT“ und „Retter“ in 2. Petr 1,1.
Die folgenden Gründe sprechen dafür, dass Jesus Christus in 2. Petr 1, 1 nicht „GOTT” genannt wird:
1. Der Verfasser wird Jesus in Vers 1 wohl nicht „GOTT” genannt und damit für Verwirrung gesorgt haben, wenn er noch im gleichen Satz, - in Vers 2 -, GOTT und Jesus voneinander unterscheidet, wo er schreibt: „in der Erkenntnis GOTTES und Jesu, unseres Herrn!“ Die Unklarheit in Vers 1 sollte daher von der Klarheit in Vers 2 her interpretiert werden.
Entgegnung: Wenn der Verfasser Jesus und den Vater in Vers 1 hätte unterscheiden wollen, dann hätte er das auch so klar und deutlich getan wie in Vers 2.
2. Der Begriff „unser/der Herr und Retter (Jesus Christus)“ ist zu einer festen Formel geworden, sodass in dem Gebrauch des Wortes „GOTT“ in Vers 1 die Absicht gelegen haben muss, GOTT und Jesus voneinander zu unterscheiden.
Entgegnung: Den Verfassern muss die Freiheit zugestanden werden, eine formelhafte Bezeichnung auch variieren zu können.
3. Die Stellung des Pronomens hemon (unser) zwischen den zwei Nomen - theou (GOTT) und soteros (Retter) - trennt beide und unterscheidet sie daher.
Entgegnung: Wenn zwei Nomen einen Artikel haben, dann gilt das Personalpronomen auch für beide.
4. Wenn Petrus den ersten und den zweiten Petrusbrief geschrieben haben sollte, dann wird er bestimmt nicht in dem einen Brief von dem „GOTT und Vater unseres Herrn Jesus Christus“ gesprochen haben (1. Petr 1, 3) und Jesus dann in dem zweiten Brief „GOTT“ genannt haben (2. Petr 1, 1). Hinzu kommt, dass Petrus in keiner seiner Predigten, die uns in der Apostelgeschichte überliefert worden sind, Jesus auch nur einmal „GOTT” genannt hat.
Murray Harris hat die akademische Landschaft bezüglich dieser Diskussion über 2. Petr 1, 1 gründlich untersucht. Er sagt, dass hier die Eine Person-Sicht „von einer großen Mehrheit der Ausleger des 20. Jahrhunderts mit variierenden Graden der Sicherheit befürwortet wird.“ Es sollte aber auch beachtet werden, dass im 20. Jahrhundert nur wenige bedeutende Neutestamentler Auslegungen über 2. Petr 1, 1 geschrieben haben, zum Teil, weil die meisten von ihnen der Meinung sind, dass Petrus diesen Brief überhaupt nicht geschrieben hat und andere der Auffassung sind, dass er überhaupt nicht ins Neuen Testament hätte aufgenommen werden sollen. Walter Bauer, der bekannte Verfasser eines Bibellexikons, ist ein typisches Beispiel für diese Gelehrten, die sich nicht festlegen wollen. Bezüglich 2. Petr 1, 1 und 1. Joh 5, 20 ist er der Meinung, dass „die Auslegung anfechtbar ist.”
Dieser Artikel stammt von Kermit Zarley (Servetus the Evangelical). Auf seiner Webseite – servetustheevangelical.com – kann man 50 solcher Artikel in englischer Sprache lesen. Sie sind eine Zusammenfassung seines sorgfältig recherchierten, biblisch in die Tiefe gehenden, 600-seitigen Buches mit dem Titel: The Restitution of Jesus Christ (2008)