War Jesus (k)ein Monotheist? (Kirchenbote SG 01/2015)
In der Januarausgabe 2015 [1] findet sich ein interessanter Artikel mit der Überschrift:
War Jesus (k)ein Monotheist? Diese Überschrift weckt natürlich unser Interesse. Einleitend wird erklärt, dass der Kirchenbote gemäss Reglement "im Dienst der Verkündigung des Evangeliums von Jesus Christus" steht. Dies ist eine lobenswerte Grundhaltung. Der Kirchenbote bat Dr. theol. Frank Jehle, einen theologischen Experten, dazu Stellung zu nehmen. Der Experte schreibt unter anderem:
Jesus ist als Jude geboren worden und hat zeit seines Lebens als Jude gefühlt und gedacht. Und deshalb ist es selbstverständlich, dass er als Monotheist gefühlt und gedacht hat. (Zwischen Judentum und Islam besteht an diesem Ort kein Unterschied!)
VON DEN VIELEN GÖTTERN ZU DEM EINEN In der Religion der Vorfahren Jesu setzte sich der strikte Monotheismus spätestens im Zusammenhang mit der babylonischen Gefangenschaft durch. In der vorexilischen Zeit glaubte man an JHWH als den Gott Israels und bestritt anderen Völkern nicht, dass sie ihre je eigenen Götter hatten. Doch dann kam der grosse Durchbruch: «Höre, Israel: Der HERR, unser Gott, ist der einzige HERR.» (Dtr 6, 4)
Das erste ist: Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist allein Herr, und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand und mit all deiner Kraft. Das zweite ist dieses: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Höher als diese beiden steht kein anderes Gebot.» (Mk 12, 28–32) Es ist dies selbstverständlich für das ganze Neue Testament, das sich hier ohne Vorbehalt an die hebräische Bibel anlehnt. Der Apostel Paulus betont ausdrücklich: «Ist denn Gott nur der Gott der Juden? Nicht auch der Heiden? Doch, auch der Heiden! Ist es doch der eine Gott […].» Röm 3, 29f)
Dem Experten Frank Jehle kann man bis hierher nur loben. Er bestätigt, dass für Mose und für Jesus das "Shema Israel" (5. Mose 6,4; Mk 12,29) das höchste Gebot ist. Jetzt folgt allerdings eine erstaunliche Kehrtwendung.
VOM EINEN GOTT ZUR DREIEINIGKEIT Aber wie steht es dann mit der Trinität, mit Vater, Sohn und Heiligem Geist? Es ist bemerkenswerterweise der Koran, der aufgrund dieser Wendung dem Christentum den Vorwurf macht, vom Monotheismus abgefallen zu sein und verschiedene Götter anzubeten. Es beruht dies aber auf einem völligen Missverständnis. Im Rahmen dieser Zeilen ist es nicht möglich, die klassische Trinitätslehre, wie sie unter anderem vom ersten christlichen Konzil (325 in Nizäa) proklamiert wurde und bis heute von den meisten christlichen Konfessionen aufrechterhalten wird, in den Einzelheiten zu erklären. Aber die Pointe ist deutlich: Das lateinische Wort «Trinität» muss auf Deutsch mit «Dreieinigkeit» wiedergegeben werden, da die Übersetzung «Dreifaltigkeit» nicht deutlich genug ist. Bei Vater, Sohn und Heiligem Geist geht es immer um den einen und gleichen Gott. «Ich und der Vater sind eins.» (Joh 10, 30) Jesus und sein himmlischer Vater sind nicht zwei verschiedene Götter, sondern der eine und einzige Gott begegnet uns in Jesus Christus – und ebenfalls im Geist. «Der Herr aber, das ist der Geist.» (2 Kor 3, 17) Die klassische Theologie spricht in diesem Zusammenhang von «Personen » (wörtlich «Masken») oder «Seinsweisen» Gottes. Es geht immer um den gleichen Gott, und das Tröstliche des christlichen Glaubens besteht darin, dass wir Gott nicht irgendwo weit in der Ferne suchen müssen, weil er sich uns in Jesus offenbart und uns als Heiliger Geist in unseren Herzen von innen heraus bewegt. Nach wie vor instruktiv ist der Vergleich mit dem Islam. Wie bereits in der Islam-Nummer des Kirchenboten ausgeführt: Der Koran spricht zwar mit grosser Hochachtung von Jesus. Er weigert sich aber, in diesem Gottes «einziggeborenen» (vgl. Joh 1, 14) Sohn zu sehen: «Aber es ziemt sich nicht für Allah, dass er einen Sohn hätte.» (Sure 19, 36) Hier gehen die Wege zwischen Christentum und Islam auseinander. Die Begegnung mit einer fremden Religion hilft uns oft, die eigene besser zu verstehen.
Der promovierte Experte Frank Jehke bezieht sich auf das Erste Konzil von Nicäa 325 n.Chr. und den Verweis, dass die meisten Konfessionen sich daran halten. Dies ist noch kein wirklicher Beweis. Es könnte ja sein, dass die Mehrheit falsch liegt. Des Weiteren folgt eine Begriffserklärung: Dreieinigkeit anstatt Dreifaltigkeit. Es wird auch gleich der passende Vers Johannes 10,30 geliefert. Obwohl hier nur von der Einigkeit vom Vater und Sohn gesprochen wird, also keine Trinität. Wenn die (Zwei)Drei immer einig sind, wieso sagt dann Jesus "nicht mein Wille geschehe, sondern deiner"? Der Vers Johannes 10,30 besagt zudem etwas anderes, als uns der Autor erklären möchte. Hier geht es um die Einheit in der Gesinnung. Etwas was im Grundkurs Bibelgriechisch jeder Student lernen sollte (Unterschied gr. heis/hen). Der Vers 2Kor 3,17 sagt aus, der Herr JHWH ist Geist. Jesus ist aber ein Mensch und wirkt durch den väterlichen Geist. Jesus haben Tausende von Menschen gesehen. Dieser Vers hilft somit ebenfalls nicht weiter. Danach folgt das Argument mit dem Masken, Seinswesen. Der nachbiblische Kirchenvater Tertullian (160 - 225) führte als erster den Begriff Trinität ein. So nannte er Vater, Sohn, Heiligen Geist „drei Personen“ (tres personae) oder drei Masken, die aber eine Einheit Gottes (una substantia) bilden. Die Masken sind wahrscheinlich angelehnt an ein Rollenspiel eines Theaterstücks, wo eine Person in mehrere Rollen/Masken schlüpfen kann. Auch dieses Argument hat keine biblische Grundlage. Ein weiteres Argument ist Johannes 1,14. Jesus ist aber nicht der "Einzigeborene", sondern der "Einzigartig Geborene" gr. μονογενοῦς (monogenous). Jesu Einzigartigkeit drückt sich schon dadurch aus, dass er sündlos war und von einer Jungfrau geboren wurde. Ebenfalls wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass das Wort (logos - Ausspruch Gottes) Fleisch wurde und nicht Gott selber. Gott hat sich nicht "selber" gezeugt oder irgendeine Form von "menschlicher Beziehung" zu Maria gehabt (Wahrscheinlich liegt hier auch der berechtigte Vorwurf im Islam). Da GOTT keine Familienangehörige hat, bezeichnet das Wort „Sohn“ also nicht ein verwandtschaftliches Verhältnis, sondern eine „Stellung“. Maria bekam ein Baby auf übernatürliche Weise. Dieses Baby lernte laufen, sprechen "und Jesus nahm zu an Weisheit und an Grösse, und an Gunst bei Gott und Menschen." (Lukas 2,52)
Ich bin sehr froh und dankbar, über den mutigen und sachlich sehr gut nachvollziehbaren Kommentar in der Februarausgabe 2015 von Pfr. Dr. theol. Till Mohr. Seinem Kommentar ist nichts hinzuzufügen. [2]
Zum Dogma der Trinität
Persönliche Stellungnahme zu dem Artikel von Frank Jehle «War Jesus (k)ein Monotheist?»
Text: Pfr. Dr. theol. Till Mohr, 1979–2006 Pfarrer in St.Peterzell, jetzt im Ruhestand in Teufen
Frank Jehle versucht in seinem Beitrag im Kibo 1/2015 zu «War Jesus (k)ein Monotheist?» das altkirchliche Trinitätsdogma gegen den Vorwurf der Moslems, das Christentum sei vom Monotheismus zur Vielgötterei abgefallen, zu verteidigen.
Er ist dabei in guter Gesellschaft, denn auch die Reformatoren haben am Trinitätsdogma festgehalten und sogar in Genf den Antitrinitarier Michael Servet auf dem Scheiterhaufen verbrennen lassen, was absolut kein Ruhmesblatt für Calvin und die ihm zustimmenden Reformatoren darstellt.
Jehles Argumentation hat mich nicht überzeugt, gerade wenn man historisch-kritische Argumente gelten lässt und die reformatorischen Grundsätze sola scriptura (allein die Schrift) gegenüber der kirchlichen Tradition und Lehre sowie solus Christus (allein Christus) insbesondere auch gegenüber weltlichen Machthabern, die über unsern Glauben bestimmt haben, anwendet.
Alle Christen sind sich darin einig, dass Jesus der von Gott verheissene Messias (griechisch «Christus» = Gesalbte) war. Für alle Kenner des Alten Testamentes aber, insbesondere die Juden, ist es völlig klar, dass der von Gott durch die Propheten verheissene Messias nicht Gott selbst ist, sondern ein im Auftrag und im Dienste Gottes handelndes Geschöpf. So heisst auch sein Hoheitstitel in Jes 9,6 nicht «Ewigvater», sondern genau übersetzt «Mein Vater ist ewig».
Jesus und sein himmlischer Vater
Vor allem hat Jesus selbst, obwohl er Gottes Sohn war, sich ganz klar und von Herzen demütig von Gott unterschieden, so wie der Weinstock vom Weingärtner zu unterscheiden ist (Joh 15,1). Er hat sich nie als Gott bezeichnet. Vielmehr sagte er: «Der Vater ist grösser als ich.» (Joh 14,28) Er, der Sohn, könne nichts von sich aus tun, er sehe denn den Vater etwas tun (Joh 5,19.30). Und dem Vorsteher, der ihn als «guten Meister» ansprach, antwortete Jesus: «Was nennst du mich gut? Niemand ist gut ausser Gott allein.» (Mk 10,17f) Wenn er sagt: «Ich und der Vater sind eins» (Joh 10,30), so besagt dies «Ich und der Vater sind eins in der Gesinnung» (griechisch hen) und nicht «einer und derselbe» (griechisch heis), wie aus dem Vergleich mit der Stelle Joh 17,21 klar hervorgeht. Und hätte Jesus am Kreuz jemals zu Gott im Himmel beten können: «Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?» (Mk 15,34), wenn er selbst Gott gewesen wäre? – Dann hätte er ja sich selbst verlassen und gleichzeitig zu sich selbst gebetet! Das alles ist unhaltbar! Gott war und ist auch der Gott Jesu Christi, auch des Auferstandenen, der zu Maria Magdalena sprach: «Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, und zu meinem Gott und zu eurem Gott.» (Joh 20,17)
Auch die Urgemeinde war noch weit davon entfernt, aus Jesus Gott zu machen. Paulus z.B. hat unmissverständlich die Unterordnung Christi unter Gott gelehrt, denn Gott sei das Haupt Christi (1. Kor 11,3) und als solches auch «der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus» (2. Kor 1,3; Eph 1,3.17; 1. Petr 1,3 u.ö.), wie diese Stellen ohne dogmatische Brille übersetzt werden müssen. Christus ist der, der «von Gott gemacht worden ist» (1. Kor 1,30; vgl. Hebr 3,2) und den Gott von den Toten auferweckt hat (Röm 4,24). Er ist der «Erstgeborene der ganzen Schöpfung» (Kol 1,15) und nach Off. 3,14 «der Anfang der Schöpfung». Er als der Sohn Gottes ist nicht Gott selber, sondern dient Gott und uns Menschen in alle Zeiten hinein als unser Hoherpriester (Hebr 2,7; 3,1; 4,14 –5,10; 6,20; 7,24–8,6; 9,11–14; 13,11f). Er ist das Lamm Gottes (Joh 1,29; 1. Petr. 1,19), auch nach der Auferstehung vor dem Throne Gottes (Off. 5,1ff und öfter). Auch wenn Christus einst das ganze wiederhergestellte Reich Gottes dem Vater zu Füssen legen wird, wird auch er selbst Gott unterworfen bleiben in alle Ewigkeit (1. Kor 15,28).
Diese Geschöpflichkeit bedeutet für Christus keine Erniedrigung, denn Gott hätte als erstes und herrlichstes Geschöpf nichts Schöneres und Strahlenderes schaffen können als seinen eingeborenen Sohn, sein vollkommenes Ebenbild.
Konzile können irren
Diese auf Gottes Wort beruhende Sicht der Dinge änderte sich erst und entscheidend durch die konstantinische Wende. Da masste sich ein ungetaufter, nichtchristlicher, theologisch völlig inkompetenter Kaiser, ein Machtmensch und mehrfacher Mörder, der sich als Sonnengott anbeten und in Tempeln vergötzen liess wie alle römischen Kaiser, 325 n.Chr. in Nicäa an, gegen die Mehrheit der Bischöfe festlegen zu können, was wir Christen zu glauben haben. So wurde aus Christus, dem Sohne Gottes, gutheidnisch ein Gott gemacht und das Weihnachtsfest auf den Tag des Sonnengottes verlegt! – Luther hatte also völlig recht, als er erkannte, dass Konzile irren können und dass Gottes Wort über alle Dogmen und kirchliche Tradition zu stellen sei. Das bestätigte Konstantin selbst, als er angesichts des Erschreckens der Bischöfe über die Entscheidung des Konzils und der dadurch entstandenen Tumulte und Kämpfe in der Kirche bald nach 325 n. Chr. die Position wechselte und die im Konzil bekämpfte des Arius einnahm, welcher die Geschöpflichkeit Christi verteidigte. Ja, Konstantin liess sich vor seinem Tod sogar von einem arianischen Bischof taufen!
Christus für Juden und Muslime
Ich denke, es ist hohe Zeit, dass wir uns in der Christenheit entscheiden, ob wir auf heidnische, sich mit dem Mantel der Heiligkeit scheinheilig umhüllende Götzendiener oder auf unsern Herrn Jesus Christus hören wollen. Man kann nicht zwei Herren dienen! Es gilt, sich entschlossen von solch fatalen Dogmen wie der Gottheit Christi endgültig zu befreien. Denn wenn man aus einem Geschöpf, auch wenn es das höchste und herrlichste zur Rechten Gottes ist, einen Gott macht, dann ist das eigentlich – Polytheismus und Götzendienst, wie uns Moslems und Juden mit Recht vorwerfen! Denn man kann nicht an zwei oder gar drei göttliche Personen, also selbstständige Wesen, glauben und gleichzeitig behaupten, sie seien nur ein Gott. Das ist ein Widerspruch in sich selbst! Dass wir über diese theologischen Abgründe noch nicht viel mehr erschrocken sind, liegt daran, dass die Kirche seit Konstantins Zeiten immer stärker mit der weltlichen Macht verbunden war und selbst zu einer weltlichen Macht wurde, die alle Andersgläubigen bis aufs Blut verfolgte. So wurden wir über Jahrhunderte hinweg so oft und rasch und gewaltsam theologisch über den Tisch gezogen, dass wir die entstehende Reibungshitze allmählich als Nestwärme empfanden.
Wenn wir aber in der Theologie endlich einmal den Mut hätten, statt auf weltliche Machtmenschen wie Kaiser, die vielfache Mörder, ja Völkermörder waren und sich selbst als Götzen anbeten liessen, wieder auf unsern Herrn Jesus Christus und auf Gottes Wort zu hören, läge auf unseren schrumpfenden Kirchen nicht nur ein viel grösserer Segen, sondern wir würden zugleich auch unsern jüdischen und islamischen Mitmenschen eine wichtige Barriere wegräumen, die sie am Glauben an Jesus als den Messias hindert.
Die Wahrheit allein wird uns frei machen. Christus ist die Wahrheit. So sollten wir uns gerade auch im Blick auf das bevorstehende Reformationsjubiläum ganz bewusst wieder Christus und seinem Wort zuwenden. Denn wahre reformierte Kirche können wir nur sein, wenn wir bereit sind, uns permanent zu erneuern (ecclesia reformata semper est reformanda). Und das heisst konkret: an unsern guten Hirten Jesus Christus zu glauben, auf sein Wort wirklich zu hören und ihm in Tat und Wahrheit nachzufolgen. So ist meine Empfehlung für das Reformationsjubiläum, dass wir unsern Leitsatz «Nahe bei Gott, nahe bei den Menschen» erweitern: «Nahe bei Gott, nahe bei den Menschen und Christus in unserer Mitte».
Ein grosser Dank gilt auch der Redaktion des Kirchenboten in St. Gallen ein so umstrittenes Thema anzugehen.
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Noch ein Nachtrag zur Ausgabe 03/2015. Dr. Frank Jehle antwortet auf die Kritik in zwei offenen Briefen. [3]
Trotzdem habe ich Fragen gegenüber Ihrem Text. Zunächst: Stellen Sie Kaiser Konstantin den Grossen nicht zu negativ dar?
Konstantin war ein Anhänger des Mithras Kultes. Er verstand sich selbst als 13. Apostel und er wird bis heute in der Orthodoxen Kirche als "Apostelgleicher" verehrt. Kaiser Konstantin war ein grausamer Diktator, seine Handlungen waren durch Macht geleitet. Seinen Schwiegervater, Kaiser Maximianus, liess er 310 erhängen, seinen Schwager Licinius erwürgen, dessen Sohn degradierte er zum Sklaven und liess ihn tot schlagen; Crispus, seinen Sohn aus erster Ehe, und Fausta, seine Frau, liess er 326 ermorden. Er betete zum Sonnengott Sol und sah diesen als seinen Zwillingsbruder. [4] Kurz vor seinem Tode liess sich Konstantin durch den arianischen (!) Bischof Eusebios von Nikomedia taufen.
Ausserdem kommt dazu: Anders als Sie es darstellen, wurde die Trinitätslehre der christlichen Kirche seinerzeit nicht von aussen gewaltsam übergestülpt.
Kaiser Konstantin hatte jene verbannt, welche den neuen Glauben am Ersten Konzil 325 nicht annahmen. Dies war ein politischer Entscheid. Kaiser Theodosius hatte im Jahre 380 mit rund sechzig Erlassen und zum Teil drakonischen Strafandrohungen dem trinitarischen Christentum auf die Füsse geholfen. Wenn es freiwillig war, warum müssen Gläubige dann bestraft werden, wenn sie nicht an die Dreifaltigkeit glauben?
Weder die griechischen Kirchenväter Athanasius, Gregor von Nazianz, Gregor von Nyssa und Basilisus noch ihr lateinisch schreibender Kollege Augustinus befürworteten die Trinitätslehre, weil man sie dazu zwang. Sie waren überzeugt davon, dass sie hilft, das Neue Testament besser zu verstehen.
Generell stellt sich die Frage, wen es interessiert, was die drei sog. kappadokischen Väter und Augustinus im 4. Jahrhundert glaubten? Haben die Aussagen dieser vier Kirchenväter normativen Charakter? Für Herrn Jehle zumindest scheint dies von Bedeutung zu sein. Werfen wir einen kurzen Blick auf ihre Lehre zur Trinität.
Gregor von Nyssa war mit den philosophisch-theologischen Strömungen seiner Zeit bestens vertraut. Sein Bildungserbe war nicht nur angelernt, sondern ein lebendiger Besitz, der eine fruchtbare Synthese ermöglichte zwischen dem christlichen Erbe und der überkommenen Philosophie. Er besaß ein großes Feingefühl für die philosophischen und ästhetischen Werte der griechischen Überlieferung. Gregor hat die neuplatonische Philosophie so modifiziert und korrigiert, dass sie sich in seinen christlichen Glauben einfügen konnte. [5]
„Hast du die Unterscheidung in ihnen [Anm. den Hypostasen] erkannt, so gestattet wieder die Einheit der Natur die Zerteilung nicht, so dass weder die Macht der Alleinherrschaft zerspalten wird durch Zerlegung in verschiedene Gottheiten, noch mit der jüdischen Auffassung unsere Lehre zusammentrifft, sondern mitten durch beide Ansichten die Wahrheit hindurchgeht. [...] Denn gleichsam ein Heilmittel ist für die bezüglich der Einheit Irrenden die Dreizahl, für die in die Vielzahl Zersplitterten aber die Lehre von der Einheit.“ (Logos katechetikos ho megas)
Gregor von Nyssa gibt sogar offen zu, nicht die jüdischen Auffassung der Gotteslehre zu teilen. Hier ist eine entscheidende Botschaft enthalten. Trinitarier und Juden beten zu verschiedenen Göttern. Es stellt sich die Frage, ob die jüdische Auffassung von Gott oder die neuplatonisch-modifizierte von Gregor von Nyssa korrekt ist.
Augustinus entwickelte seinen trinitarischen Gottesbegriff aus der Interpretation des Chaldäischen Orakels des Philosophen Porphyrios. Augustinus bestätigte dann auch das richtige Verständnis des Porphyrios, welche vom Vater und vom väterlichen Geist spricht (De civ. dei X 23; vgl. 29). Der Christenfeind Porphyrios hat das richtige Verständis zur Trinitätslehre.
Und jetzt zum 20. Jh.: Der Zürcher Theologe Emil Brunner schrieb 1927 in seinem damals epochemachenden Buch «Der Mittler» ein glühendes Plädoyer für die altkirchliche Christologie.
Der bekannte Schweizer Dogmatiker Emil Brunner ist ebenfalls ein schlechtes Beispiel zur Verteidigung der Trinitätslehre. Sicherlich glaubte er an die Trinität, doch seine Aussage sollte zu denken geben. So schreibt er in seinem Werk Dogmatik, Band 1, 3. Auflage:
"Andererseits müssen wir ehrlicherweise bekennen, dass die Dreieinigkeit weder ein Thema der urchristlich-neutestamentlichen Verkündigung, noch auch ein zentraler Inhalt des schlichten christlichen Gemeindeglaubens irgendeiner Zeit war ... Die kirchliche, durch das altkirchliche Dogma festgelegte Trinitätslehre ist nicht biblisches Kerygma [Predigt, Lehre], darum auch nicht Kerygma der Kirche, sondern eine theologische Schutzlehre für das biblisch-kirchliche Glaubenszentrum." (S. 208-209)
«Der ÖRK ist eine Gemeinschaft von Kirchen, die den Herrn Jesus Christus gemäss der Heiligen Schrift als Gott und Heiland bekennen und darum gemeinsam zu erfüllen trachten, wozu sie berufen sind, zur Ehre Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.»
Der ÖRK als Hüter der Trinitätslehre und Wächter des wahren Glaubens? Doch selbst wenn alle Theologen dieser Welt brennende Verfechter der Trinitätslehre wären (was sie nicht sind), was sagt das schon aus? Überhaupt nichts. Biblische Wahrheit ist keine Frage von Mehrheiten, weder der Theologen, noch von Kirchgemeinschaften.
Du übersetzt Joh. 10, 30 «Ich und der Vater sind eins in der Gesinnung». Nun hast du Recht, dass Griechisch hen dort steht, «eins», nicht eis, «einer». Von Gesinnung aber ist dort wahrlich keine Rede. Die Einheit zwischen Vater und Sohn wird dort nicht auf eine übereinstimmende Gesinnung reduziert. Das erst ist deine Auslegung.
Die Gesinnung von Johannes 10,30 wird im Vers Johannes 17,21 klar: auf dass sie alle eins (gr. hen) seien, gleichwie du, Vater, in mir und ich in dir, auf daß auch sie in uns eins (gr. hen) seien. Was will uns Herr Jehle sagen? Die Jünger sind auch Teil der Dreifaltigkeit?
Weiter berufst du dich auf Jesaja 9, 5f. Nur frage ich mich auch hier: Warum liest du dies als eine ewig gültige Aussage über den erwarteten Messias?
Am Anfang von Jesaja 9,6 heisst es: Ein Kind ist uns geboren. Gott ist weder ein Kind, noch wird er geboren. Es macht auch wenig Sinn, weiter die Ein-Vers-Theologie zu verteidigen ohne das grosse Ganze zu sehen.
Ob ich damit in den Augen aller Philosophen noch Monotheist bin? Egal! Das überlasse ich gern dem Urteil des einen Gottes.
Die Frage sollte lauten: "Bin ich in den Augen aller Juden & Christen noch Monotheist?" Glaube ich an Gott als eine Person?
Lassen wir uns überraschen, die klare Antwort folgt spätestens beim der Wiederkunft Christi.
[1] Januar 2015 http://www.kirchenbote-sg.ch/media/2015/01-2015/alle_2015_01_kibo_adam_eva.pdf
http://www.kirchenbote-sg.ch/index.asp?topic_id=3357&m=3357&g=3353
[2] Februar 2015 http://www.kirchenbote-sg.ch/media/2015/02-2015/alle_2015_02_kibo_aberglaube.pdf
http://www.kirchenbote-sg.ch/index.asp?topic_id=3379&m=3379&g=3375
[3] März 2015 http://www.kirchenbote-sg.ch/media/2015/03-2015/alle_2015_03_kibo_bfa.pdf
http://www.kirchenbote-sg.ch/?topic_id=3402&m=3402&g=3397
[4] http://www.mpg-trier.de/d9/projekt_sol/htm/05_von_sol_invictus_zum_christentum.htm
[5] http://de.wikipedia.org/wiki/Gregor_von_Nyssa (Meine Hervorhebung)