Edith Düsing: "Wahrheit, in einer Person begründet" factum-magazin 02/2014
Im factum-magazin (Ausgabe Februar 2014) findet sich ein sehr interessanter Artikel der Philosophin und Christin Edith Düsing zum Thema Philosophie und Glaube. Im Interview macht sie deutlich, dass alle grossen Philosophen vor Christus Theisten waren - somit an Gott glaubten und es schon bei Platon eine Ahnung im Hinblick auf Christus zu finden gibt. Auf Seite 20 und 21 heisst es dann:
factum: Faszinierend! War Platon auch später bei massgeblichen Glaubens-Entscheidungen hilfreich?
Düsing: Beim Konzil von Nicäa 325 n.Chr. hat man beim Athanasius-Arius Zwist von Platon inspirierte Philosophie zu Hilfe genommen, um zu untermauern, dass Jesus wesensgleich mit seinem Vater ist. Der Arianismus lehnte die Gottgleichheit Jesu und damit die Trinität ab. Wie half also Platon? Bei ihm ist die unsichtbare Welt die Grundlage der sichtbaren Welt. Die sichtbare Welt ist dem Werden und Vergehen unterworfen, die unsichtbare Welt ist Ewig. Mit Hilfe dieser Sichtweise konnte man nun erklären, dass Christus dem Wesen nach Gott gleich ist, aber der Erscheinung nach Mensch war. So hat man auf diesem Konzil das Evangelium bewahrt, indem man sich hellenistischen Denkens bediente. Es ist also nicht gerechtfertigt, von der Überfremdung des Christentums durch den Hellenismus zu sprechen. Der Hellenismus kannte zwar noch keinen persönlichen Gott, aber wie in Apostelgeschichte 17,23 nachzulesen, verehrten einige Griechen bereits ehrfurchtsvoll den "unbekannten Gott", den sie suchten und den Paulus ihnen dann freudig in Jesus Christus verkündigen konnte.
Die Philosophie Platons war tatsächlich massgeblich daran beteiligt, eine sprachliche Fixierung für die damalige Problematik zu erarbeiten. Was Frau Düsing aber vergessen hatte zu erwähnen ist, dass sich beide Parteien (Arianer & Orthodoxe) neoplatonistischer Denkformen und neuplatonisch imprägnierter philosophischer Begriffe wie Wesen (ousia) und Hypostase (hypóstasis) bedienten. Die Orthodoxen übernahmen den trinitarischen Gottesbegriff des Porphyrios, der es erlaubte, den triadischen Selbstvollzug des Geistes als Selbstentfaltung des absoluten Einen zu denken.
Hierbei ergeben sich einige Schwierigkeiten:
• Porphyrios ist ein Feind der Christen. Um dies zu untermauern schrieb er 15 Bücher mit dem eindeutigen Titel: Contra Christianos. Seinen trinitarischen Gottesbegriff entwickelte er aus der Interpretation des Chaldäischen Orakels. Der berühmte Kirchenvater Augustinus bestätigte dann auch das richtige Verständnis des Porphyrios, welche vom Vater und vom väterlichen Geist spricht (De civ. dei X 23; vgl. 29). Es stellt sich die Frage ob der GOTT der Bibel 300 Jahre nach Christus einen ungläubigen (im Sinne der Bibel) damit beauftragte, eine Definition von Vater und Sohn zu erarbeiten. Dies würde bedeuten, dass die Bibel uns nicht alles über das Wesen GOTTES verraten hätte und die Gläubigen Christen auf Offenbarungen und Werkzeuge aus der Philosophie angewiesen wären. Benötigt es für die Definition des Gottes der Bibel diesen heidnischen Kult?
• Ein weiterer Punkt ist die Trinitätsfrage. Frau Düsing spricht von Trinität im Bezug auf den Arianismus und dem Konzil 325 n.Chr. An diesem Konzil wurde aber nur die Binität vom Kaiser Konstantin festgelegt, also das Verhältnis von Vater und Messias. Die Frage der Trinität kam fast 60 Jahre später am 2. Ökumenischen Konzil 381 n.Chr. auf die Agenda. Dort ist dann auch der heilige Geist als offizielle dritte Gottheit verabschiedet worden.
• Frau Düsing spricht von der Bewahrung des Evangeliums durch das hellenistische Denken? Für den Apostel Paulus war es möglich -quasi im Alleingang- das römische Reich zu missionieren und in den Synagogen den Juden die Frohe Botschaft zu verkündigen. Paulus wusste nichts von Hypostasen und Substanzen und war doch in der Lage, die Welt mit der Botschaft Jesu Christi zu verändern. Hätte das nizänische Glaubensbekenntnis rückwirkend eine normative Bedeutung, so müsste man Paulus und den anderen Aposteln Naivität oder Unwissen unterstellen. Zumindest aber eine Unzulänglichkeit in ihrer Lehre vom Vater, Sohn und heiligem Geist und damit automatisch ein verzerrtes Bild vom Evangelium. Paulus behauptet aber, er habe den gesamten Ratschluss Gottes verkündigt (vgl. Apg 20,27). Zudem verdanke er alles der Offenbarung durch Jesus Christus (vgl. Gal 1,12). Seine Informationsquelle bezüglich der Gotteslehre ist somit nicht die Philosophie. Er konnte ohne eine „Intellektualisierung“ des Gottesbegriffes seinen Auftrag in der Welt erfüllen.
• Die Autorin spricht vom Messias der nach seiner Erscheinung nach Mensch war. Somit wäre der Messias ihrer Meinung nach kein richtiger Mensch. Sie bewegt sich mit dieser Aussage sehr nahe am Doketismus. Sie erwähnt die Ideenlehre (die unsichtbare Welt die Grundlage der sichtbaren Welt) und nach derer ist alle Materie böse. Was dies mit Christus und GOTT zu tun hat, bleibt ein Rätsel. Wenn somit Christus nur der Erscheinung nach ein Mensch war, ist er dann auch der Erscheinung nach gestorben? [Mose sagt] Einen Propheten wie mich wird dir der HERR, dein Gott, erwecken aus deiner Mitte, aus deinen Brüdern; auf den sollst du hören! (5. Mose 18,15). Ist Mose auch nur der Erscheinung nach ein Mensch? Hier ergeben sich unüberwindbare anthropologische und soteriologische Probleme.
• Weiter heisst es, die Hellenisten kannten keinen persönlichen Gott. Dabei wird Apg 17,23 erwähnt um zu zeigen, dass sie (bewusst oder unbewusst) den GOTT der Bibel anbeteten. Schauen wir uns die Verse etwas näher an. „Während aber Paulus in Athen auf sie wartete, ergrimmte sein Geist in ihm, da er die Stadt so voll Götzenbilder sah.“ (Apg. 17,16) Paulus sah das Athen des Sokrates, Platon und Aristoteles. „Denn als ich umherging und eure Heiligtümer [wörtlich: „die Götter, die ihr anbetet“] besichtigte, fand ich auch einen Altar, an welchem geschrieben stand: Dem unbekannten Gott. Was ihr nun verehret, ohne ihn zu kennen, das verkündige ich euch. „Der GOTT, DER die Welt gemacht hat und alles, was darin ist, ER, der HERR des Himmels und der Erde“(V. 23-24; vgl. Jes. 44,24). „Nun hat zwar GOTT die Zeiten der Unwissenheit übersehen, jetzt aber gebietet ER allen Menschen allenthalben, Busse zu tun.“ (V.24) Paulus erwartete für ihren Götzendienst, dass sie Busse tun. Zudem verkündigte Paulus GOTT JHWH und nicht "Gott" Christus oder eine Trinität.
• Plato dachte die Gottheit und nannte sie das Gute. Es ist der Ursprung aller Erkenntnis. Gedacht wird diese Gottheit als Weltvernunft, Schicksal oder Weltbaumeister. Bei den griechischen Denkern handelt es sich um einen gedachten Gott und nicht um einen persönlichen Gott wie ihn die Bibel durch die Propheten bis zu Jesus offenbarte.
Lässt sich so einfach ein Übergang vom "Gott" Sokrates, Platons und Aristoteles zum GOTT Abrahams, Isaaks und Jakobs machen? Ist das der gleiche Gott? Handelt es sich bei den erwähnten Philosophen um Menschen, die geleitet sind vom Geist GOTTES nach ihrer "Bekehrung"? Sollten Christen in Zukunft in ihrer Kirchgemeinde neben der Bibel auch die Werke der Philosophen studieren?
Der Begriff „Philosophie“ wird nur einmal in der gesamten Bibel erwähnt. Paulus schreibt folgendes: Nehmt euch vor denen in Acht, die euch mit einer leeren, trügerischen Philosophie einfangen wollen, mit Anschauungen rein menschlichen Ursprungs, bei denen sich alles um die Prinzipien dreht, die in dieser Welt herrschen, und nicht um Christus. (Kol 2,8)