Existiert die Dreieinigkeit in 1Joh 5,7-8? (Comma Johanneum)
Einer der bekanntesten Verse, welche für die Trinität herangezogen werden ist 1. Johannes 5,7-8.
Schlachter 2000:
Denn drei sind es, die Zeugnis ablegen im Himmel: der Vater, das Wort und der Heilige Geist, und diese drei sind eins; und drei sind es, die Zeugnis ablegen auf der Erde: der Geist und das Wasser und das Blut, und die drei stimmen überein.
Schlachter 1951:
Und der Geist ist es, der bezeugt, weil der Geist die Wahrheit ist. Denn drei sind es, die bezeugen: der Geist und das Wasser und das Blut, und die drei sind einig.
Elberfelder 1905:
Denn drei sind, die da zeugen: der Geist und das Wasser und das Blut, und die drei sind einstimmig.
NGÜ:
Somit sind es drei Zeugen: der Geist, das Wasser und das Blut; und die Aussagen dieser drei stimmen überein.
NASB:
For there are three that testify: the Spirit and the water and the blood; and the three are in agreement.
Wikipedia schreibt: [1]
Der Abschnitt fehlt in sämtlichen griechischen Handschriften mit Ausnahme weniger später Minuskeln. Zu diesen gehören laut Nestle-Aland (26. Auflage) die Handschriften 61, 629, 918, 2318, sowie spätere Zusätze in den Minuskeln 88, 221, 429, 636. Erst um 380 n. Chr. taucht der Zusatztext in einer Schrift des Spaniers Priscillian auf. Einige Kirchenväter verraten überhaupt keine Bekanntschaft mit dem Satz, so z. B. Hieronymus, andere, wie Augustinus, kannten ihn zwar, betrachteten ihn aber anscheinend als nicht zum Bibeltext gehörig. Die Vulgata hatte ihn als Textbestandteil. Erasmus von Rotterdam nahm das Comma erst 1522 in die dritte Ausgabe seines griechischen Neuen Testaments auf, gedrängt von Anfeindungen wegen seines Fehlens und gestützt auf die – nach Erasmus’ eigener Bewertung möglicherweise gefälschte – Minuskel 61. Zu Luthers Lebzeiten fehlte das Comma Johanneum in seiner Übersetzung und wurde erst 1581 durch einen Frankfurter Drucker eingefügt. In der Lutherbibel von 1545 lautete die Stelle: „Denn drey sind die da zeugen auff Erden / Der Geist / vnd das Wasser / vnd das Blut / vnd die drey sind bey samen“. [Vgl. 1. Johannes 5 aus der Luther-Bibel 1546 bei Wikisource.] Bei der Revision von 1892 wurde das Comma eingeklammert und mit einer Fußnote versehen; bei der Revision 1912 wurde es aus dem Text genommen und in eine Anmerkung verwiesen. Im Jahre 1897 entschied das Heilige Officium, dass katholische Theologen die Echtheit des Comma nicht mit Sicherheit („tuto“) leugnen oder bezweifeln könnten. Diese Entscheidung wurde durch Papst Leo XIII. bestätigt, jedoch nicht in der forma specifica, so dass es sich um nichts weiter als eine "Behördenentscheidung" handelte. Katholische Theologen hatten dennoch forthin bei wissenschaftlichen Auseinandersetzungen Bezug auf diese Entscheidung zu nehmen.[Walter Drum: Artikel Epistles of Saint John; in: The Catholic Encyclopedia; New York: Robert Appleton Company, 1910; Besucht am 30. August 2008 auf newadvent.org] Im Jahr 1927 gab Papst Pius XI. schließlich die Diskussion frei (vgl. Denzinger-Hünermann Nr. 3681). Die unter Papst Johannes Paul II. erschienene Nova Vulgata bietet den Satzteil nicht mehr. [http://www.vatican.va/archive/bible/nova_vulgata/documents/nova-vulgata_nt_epist-i-ioannis_lt.html] Evangelische wie römisch-katholische Theologen sind sich heute mit wenigen Ausnahmen einig, dass das Comma Johanneum nicht zum ursprünglichen Textbestand des 1. Johannesbriefs gehört und allenfalls eine etwa seit dem 4. Jahrhundert bezeugte Deutung der zweifellos zum Text gehörenden Passage über die „drei irdischen Zeugen“ darstellt.
Einer der führenden amerikanischen Neutestamentler Metzger und Editor des Nestle-Aland Novum Testamentum Greace bestätigt, dass das Comma Johanneum nicht Bestandteil des Griechischen Neuen Testaments ist. Die amerikanischen Übersetzungen NASB, NIV, NRSV haben diesen Zusatz nicht, im Gegensatz zur AV. [2]
Das Handwörterbuch für Religionsgeschichte und Theologie RGG4 schreibt dazu: [3]
In griech. Textzeugen erscheint es nicht vor dem 14. Jh. ... Es fehlt in allen alten Bibelübersetzungen, auch in den ältesten Zeugen der Vetus Latina und Vulgata ... Erasmus hat es 1516 und 1519 als unecht aus seinem griech. Text und der lat. Übers. des NT ausgeschlossen. 1521 hat er es aber in eine separate Ausg. seiner lat. Übersetzung aufgenommen, 1522 auch in seine 3. Ausg. des NT, sowohl in den lat. als auch in den griech. Text (aus Min. 61), nur um seine Ausg. des NT vor Verketzerung zu schützen. Hierdurch wurde es Teil des Textus receptus. Seit dem 19. Jh. lassen krit. Ausgaben es wieder aus. Das C.J. gilt jetzt allg. als später Einschub.
Das Lexikon für Theologie und Kirche LThK packt das Problem bei der Wurzel und schreibt über die Ursache des Comma Johanneum folgendes (meine Hervorhebung): [4]
Comma Joanneum heisst die im 4. Jh. erfolgte Erweiterung v. 1. Jo 5, 7: (Drei sind, die Zeugnis geben) im Himmel: der Vater, der Logos u. der Hl. Geist, u. diese drei sind eins, u.drei sind, die Zeugnis geben auf Erden. Dieser Zusatz fehlt in allen orient. Übers., griech. Bibel- und Väterschr. (ausser 2 Bibel-Hss. des 15. u. 16. Jh.), bei fast allen Altlateinern u. älteren lat. Kirchenschriftstellern (einschl. Vg). Er hat eine weitere Verbreitung erst durch die Complutenser Polyglotte (1514-20) u. die Bibel des Erasmus (seit 1522) gefunden, wiederspricht aber dem Zusammenhang u. sprachl. Gründen.
Die Entstehung der dogmat.-apologet. Ergänzung hat ihre Wurzel in der Anwendung der Worte diese drei sind eins auf die Dreifaltigkeit durch Tertullian (Adv. Prax. 25) u. Cyprian (De eccl. unit. 6) u. in einer wohl hieraus erfolgten myst.-symbol. Deutung der urspr. drei irdischen Zeugen auf die drei göttl. Personen.
Kermit Zarley beschreibt in 3 Punkten, warum dieser trinitarische Zusatz nicht Bestandteil der Heiligen Schrift ist: [5]
• Kein vornizäischer Kirchenvater diesen Zusatz zitiert.
• Es existiert nur in einigen späteren lateinischen Ausgaben.
• In keiner frühchristlichen syrischen, koptischen, armenischen, äthiopischen, arabischen oder slawischen Bibelausgabe existiert dieser Zusatz.
Der Bibellehrer Vanheiden findet es abenteuerlich, wie dieser Zusatz in den textus receptus und somit u.a. in die Schlachter 2000 Bibel geriet. In den ersten zwei Ausgaben des griechischen Neuen Testamentes von Erasmus war es nicht vorhanden, aus dem einfach Grunde, weil er es in keiner griechischen Handschrift fand. Erst auf Druck von aussen und einer ihm neu vorgelegten griechischen Handschrift (welche er verdächtig fand, dass diese aus dem lateinischen übersetzt wurde), entschloss sich Erasmus zögernd diesen Zusatz in seine dritte Ausgabe aufzunehmen. [6]
Luther übersetzte das Neue Testament auf Grundlage der zweiten Ausgabe von Erasmus (welche später mit kleinen Änderungen textus receptus genannt wurde) und somit ohne das Comma Johanneum. Dies geschah erst zu einem späteren Zeitpunkt 1581 durch Initative eines Frankfurter Druckers. In seiner Vorlesung über den 1. Johannesbrief schrieb Luther:
Dieser Zusatz im 1. Johannesbrief sei durch den Eifer der Theologen gegen die Arianer ungeschickt eingefügt worden... Ich könnte mich leicht darüber lustig machen, dass es keine ungeeignetere Beweisstelle für die Trinität gibt. [7]
Ebertshäuser hat über sieben Jahre an der Schlachterübersetzung mitgewirkt. Selbstverständlich hat er seine eigene Meinung zu diesem Thema. Trotz aller sachlichen Argumente, muss man solche Wahrheiten im Glauben (?) annehmen. So schreibt er:
Für den Standpunkt des Glaubens ist entscheidend, dass das Comma Johanneum durch Gottes Vorsehung in den Textus Receptus aufgenommen wurde in einer Phase, wo anfängliche Unsicherheiten des Textes berichtigt wurden, und das es im ausgereiften Stadium des Textus Receptus ab Stephanus 1550 einen festen, unbestrittenen Platz darin hatte, ebenso in allen wichtigen reformatorischen Bibeln (wenn auch bei Luther und der Zürcher mit etwas Verspätung). Wir dürfen deshalb im Glauben annehmen, dass es echt ist, auch wenn es nur wenig heute erhaltene Beweise dafür gibt. [8]
Ebertshäuser spricht nach über 1500 Jahren des Neuen Bundes von anfänglichen Unsicherheiten?! Sie haben richtig gelesen, es ist kein Scherz. Interessant ist ebenfalls die Wandlung des Verses bei Schlachter von der Version 1951 zur Version 2000. In der Version 1951 waren die drei einig, 50 Jahre später waren sie eins. Zufall oder eine dieser spirituellen Vorsehungen Ebertshäusers? Es bleibt zu hoffen, dass fast 2000 Jahre nach Christus und Paulus dieser Vers bei Schlachter ein endgültig ausgereiftes Stadium erreicht hat. Ob Franz Eugen Schlachter mit Eberthäusers Veränderungen einverstanden wäre?
In den heute im Handel befindlichen Bibelübersetzungen einschliesslich der römisch-katholischen ist das Comma Johanneummeist entweder überhaupt nicht erwähnt oder, deutlich als spätere Zufügung gekennzeichnet, in die Fussnoten verwiesen. Dieser trinitarische Zusatz findet sich in deutschen Bibelausgaben bei Schlachter und der Luther 1998 bzw. der Neuen Lutherübersetzung. Als bibeltreuer Christ sollte man sich nach anderen Übersetzungen umsehen.
1 http://de.wikipedia.org/wiki/Comma_Johanneum
2 Bruce M. Metzger: The Text of the New Testament, 102
3 RGG4, Band 2, 429
4 LThK, Band 3, 18
5 Kermit Zarley: The Restitution of Jesus Christ, 402
6 Karl-Heinz Vanheiden: Näher am Original? Der Streit um den richtigen Urtext der Bibel, 106-107
7 Martin Heide: Der einzig wahre Bibeltext? Erasmus von Rotterdam und die Frage nach dem Urtext, 73-74
8 Rudolf Ebertshäuser: Gottes zuverlässiges Wort, 41