Hat die Kirche bei ihrer Gottesdefinition das Bekenntnis von Jesus aussenvorgelassen?
Hat die Kirche bei ihrer grundlegenden Definition des wahren GOTTES Jesus und sein Glaubensbekenntnis außenvorgelassen?
In dem von Colin Brown herausgegebenen The New International Dictionary of New Testament Theology können wir Folgendes lesen: „Das Neue Testament ruht fest auf der Grundlage des Alten Testaments, wenn es über GOTT spricht. Aber seine Betonungen sind neu. Hier ist ER der GOTT, der nahe ist, ER ist der Vater von Jesus Christus, der durch seine Gnade freiwillig rechtfertigt. Sein Erwählungshandeln sprengt alle Exklusivitätsansprüche. Aber es ist der gleiche GOTT, der sich hier so offenbart wie im Alten Testament und dessen Erlösungsplan, der dort verheißen wurde, hier zur Erfüllung kommt. ‚Der GOTT‘, ho theos, ist im Neuen Testament die häufigste Bezeichnung für GOTT. Der Glaube an den einen, alleinigen und einzigen GOTT (Matth 23, 9; Röm 3, 30; 1. Kor 8,4+6; Gal 3, 20; 1. Tim 2, 5; Jak 2, 19) ist ein festverankerter Teil der urchristlichen Tradition.
Jesus hat das grundlegende Bekenntnis des Judentums zu seinem eigenen gemacht und ausdrücklich das Shema Israel zitiert (5. Mo 6, 4 ff.; Mark 12, 29 ff.; vergl. Matth 22, 32; Luk 10, 27).
Dieses garantierte die Kontinuität zwischen dem Alten und dem Neuen Bund. Denn der GOTT, den die Christen anbeten [Tun sie das heute wirklich?], ist der GOTT der Väter (Apg 3, 13; 5, 30; 22, 14), der GOTT Abrahams, Isaaks und Jakobs (Apg 3, 13; 7, 32; vergl. Matth 22, 32; Mark 12, 26; Luk 20, 37), der GOTT Israels (Matth 15, 31; Luk 1, 68; Apg 13, 17; vergl. 2. Kor 6, 16; Hebr 11, 16), und der GOTT Jesu Christi (2. Kor 1, 3; Eph 1, 3; 1. Petr 1, 3). Die Gemeinde Jesu hatte keine falschen Götter neben IHM” (Band 2; S. 73).
Lies nun bitte die folgende, in direktem Widerspruch zu Professor Browns ausgezeichneter Darlegung stehende Aussage:
„Frühe christliche Änderung [d.h. die Abwendung von der unitarischen Sicht GOTTES zur trinitarischen Sicht]: Das Shema war natürlich ein vorchristliches jüdisches Bekenntnis [Somit ist Jesus vorchristlich!??], gegründet auf 5. Mo 6, 4-9; 11, 13-21; 4. Mo 15, 37-41. Der griechische Wortlaut von 5. Mo 6, 4 ist von besonderer Bedeutung: ‚Der Herr, unser GOTT, ist ein Herr‘“ (Dr. L.W. Hurtado; One God, One Lord; S. 93 + 162).
Wir wollen uns jetzt einmal anschauen, was hier geschehen ist. Man hat Jesus zur Seite geschoben und abgesetzt. Man hat Jesus zurück in das Judentum verbannt und seine Theologie ersetzt und verändert. Man hat Jesus außen vor und zurückgelassen, indem Heiden vorrückt und über ihn hinausgegangen sind (vergl. dieses mit der ernsten Warnung in 2. Joh 9: „Jeder, der weitergeht …“).
Die nachapostolische Kirche hat GOTT neu definiert und Jesus eine Ohrfeige gegeben. Johannes hat uns die ernste Warnung gegeben und gesagt: „Jeder, der … nicht in der Lehre des Christus bleibt, hat GOTT nicht“ (Joh 2, 9).
Wenn Dr. Hurtado sagt, dass das Glaubensbekenntnis Jesu vorchristlich ist, dann müssen wir jetzt in einem Nach-Christentum sein! Zugegebenermaßen müssen wir uns von Jesus weg und über ihn hinaus bewegt haben. Paulus wird zum Schuldigen gemacht. Amerikaner beschweren sich bitterlich, dass man heute über die Verfassung hinaus geht, aber bekümmert es jemanden, dass man über das Bekenntnis, die Satzung und den Glauben Jesu hinaus geht? (Mark 12, 29; Joh 17, 3).
Wie kann es sein, dass Kirchenmitglieder sich unter dem Schirm einer Definition von GOTT versammeln, die von Jesus nicht anerkannt worden ist? Jesus war ein Jude, er war der Begründer des christlichen Glaubens und er war ein Unitarier, ein nichttrinitarischer Monotheist!
In Putting Jesus in His Place sagen Bowman und Komoszewski: „Wenn das Judentum ein Bekenntnis hat, dann sind es die Worte aus 5. Mo 6, 4-5, die als das Shema bekannt sind, was das erste Wort dieses Verses ist und ‚Höre‘ bedeutet: ‚Höre, Israel, der HERR ist unser GOTT, der HERR allein‘. In der Septuaginta wird dieser Vers [wie im Neuen Testament] so übersetzt: ‚Der HERR, unser GOTT, ist ein HERR‘ (kurios eis). Im Judentum des 1. Jahrhunderts waren die Bekenntnisworte „ein GOTT“ und „ein HERR“ synonym und bezogen sich auf das gleiche göttliche Wesen, auf Jahwe, den GOTT der Patriarchen, den GOTT Moses und der Propheten. Jesus bestätigte das Shema als das erste und höchste Gebot (Matth 22, 36-38; Mark 12, 28-30; Luk 10, 25-28) und in dieser Hinsicht lag Jesu Sicht im Mainstream des Judentums … Paulus und andere Schreiber des Neuen Testaments geben das Shema wieder, wenn sie bestätigen, dass GOTT Einer ist oder dass es einen GOTT gibt (Röm 3, 30; 1. Kor 12, 6; Gal 3, 20; Eph 4, 6; 1. Tim 2, 5; Jak 2, 19; s.a. Röm 16, 27; 1. Tim 1, 17; 6, 15-16; Jud 25 [vergl. Bauer: ‘the only one’]). Allerdings konnten Juden, die Paulus Bestätigung des ‚einen Herrn‘ (besonders im gleichen Atemzug mit der Bestätigung des einen GOTTES als eine Echo des Shema) gerade verstanden hatten, jedoch genauso verstehen, dass Paulus mit einer schockierenden ‚Verdrehung‘ den einen Herrn als Jesus Christus identifiziert“ (S. 166).
Beachte diese erstaunliche Aussage! Jesus ist von Paulus abgelöst worden. Paulus, so sagt man, hat die Begriffe des Glaubensbekenntnisses verändert, um eine zweite Person mit einzuschließen. Nach Bowman hat Paulus die von Jesus vorgegebene Definition GOTTES neu formuliert. Paulus würde geschockt sein, wenn er wüsste, dass er in dieser Weise gelesen wird. Paulus kannte natürlich den einen Herrn und Messias, aber er kannte keine zwei Personen, die der HERR und GOTT sind. Will niemand für Jesus Stellung beziehen? Paulus ist kein Jota von seiner Überzeugung und der Überzeugung von Jesus und Israel abgewichen, dass der EINE GOTT des wahren Monotheismus der Vater ist, und dass es keinen anderen neben IHM gibt (Vergl. Mark 12, 29; 1. Kor 8, 4-6).
Dr. Hugh Anderson spricht in dem New Century Bible Commentary on Mark von „der Kirche, die das Shema nicht mehr länger rezitiert.“ Die Kirche, die aus diesem Grund die Theologie und das Glaubensbekenntnis von Jesus vergessen hat. Sie hat Jesus vergessen, der nicht von seinen Worten getrennt werden kann, die in dem Shema auf den Punkt gebracht worden sind.
„Die Anfangsworte der Antwort Jesu auf die Frage des Schriftgelehrten nach dem höchsten Gebot ‚Höre, Israel, der HERR ist ein HERR‘ sind der Beginn des Shema (5. Mo 6, 4), des Gebetes, das alle frommen Juden drei Mal am Tag rezitieren sollen und das im späten Judentum eine ähnliche Sonderstellung eingenommen hat, wie das Gebet des Herrn im Christentum [wobei dieses Shema aber auch das Glaubensbekenntnis des frommen Juden Jesus war, dem Gründer und Vorbild für den ursprünglichen christlichen Glaubens!]. Unter den Synoptikern finden wir diese Worte nur im Markusevangelium … Obwohl sie nicht ausdrücklich Teil des Gebotes sind [‚Höre‘ ist aber ein Befehl!], sind sie von wichtiger Bedeutung und müssen vorausgesetzt werden, allein aus dem Grund, dass GOTT Einer ist und dass ER für alle Menschen verehrenswert ist. Dass sie aus einer Not heraus angehalten waren, den Monotheismus in einem heidnischen Umfeld zu verteidigen, wie es bei Markus war, ist zweifelhaft … Die markianische Form geht auf die mündliche Überlieferung zurück, die von einer Kirche weitergegeben wurde, die das Shema nicht mehr länger rezitierte. Aber hier zumindest in seiner Aussage zum ersten Gebot steht Jesus unerschütterlich fest im Umkreis der jüdischen Frömmigkeit“ (S. 280) – was seine Nachfolger allerdings nicht tun! Wer hat gesagt, dass die neutestamentliche Kirche nicht mehr länger an das von seinem Gründer vorgegebene Bekenntnis glauben muss?
Dr. Harold O.J. Brown gibt in Heresies ungewollt zu, dass die Kirche den Kontakt zu Jesus in seiner Definition von GOTT verloren hat. Er bemerkt „die Veränderung in dem biblischen Monotheismus von dem unitarischen Monotheismus Israels [und Jesu!] hin zu dem Trinitarismus des Konzils von Chalcedon. Der Unterschied wird durch den Übergang von dem Gebet des Shema Israel aus 5. Mo 6, 4 ‚Höre, Israel, der HERR ist ein HERR‘ zu dem Bekennen des Athanasischen Glaubensbekenntnisses symbolisiert: ‚Wir verehren den einen Gott in der Dreifaltigkeit und die Dreifaltigkeit in der Einheit‘ [was den Ausschluss Jesu aus der Kirche und ein endgültiges Abgleiten in das Heidentum symbolisiert].
„War der Übergang von dem einpersonalen Monotheismus Israels [und Jesu!] zu dem drei-personalen Theismus von Nicäa eine legitime Entwicklung der alttestamentlichen Offenbarung? Christen behaupten, dass es so ist und glauben, dass Nicäa ein volleres Entfalten und keine Verfälschung der Selbstoffenbarung des GOTTES Israels [und des GOTTES Jesu!] ist.
In der Tat werden der Trinitarismus von Nicäa und die christologische Definition von Chalcedon als gültige und notwendige Interpretationen der Aussagen Jesu gesehen [des Jesus, dessen wichtigste Aussage war, dass sein eigenes Glaubensbekenntnis und das Glaubensbekenntnis Israels das Wichtigste von allem war], die er im Kontext der alttestamentlichen Zeugen über den GOTT, der EINER ist, machte. [Dies ist eine erstaunliche Entstellung der Tatsachen, denn es ist gerade das Zeugnis des unitarischen Monotheismus des Alten Testaments, den Jesus zur entscheidenden Grundlage des wahren Glaubens macht! Mark 12, 29; Joh 17, 3].
„Ohne Nicäa und Chalcedon wäre es nicht möglich gewesen, aufrechtzuerhalten, dass das Christentum eine biblische Religion ist, die legitime Tochter des alttestamentlichen Judentums. Heute wird die Klarheit und Notwendigkeit der Entscheidung von Chalcedon, wenn sie nicht angefochten und widerlegt wird, weithin vergessen und ignoriert [oder hat man nicht eher den unitarischen Monotheismus von Jesus weithin vergessen und ignoriert?]“
„Das Christentum hat vier Jahrhunderte gebraucht, um sein Zeugnis von der Gottheit und Menschheit Christi im Kontext des Einen GOTTES Abrahams, Isaaks und Jakobs in einer Weise zu formulieren, die ein stimmiges Konzept zu der Einheit der Wahrheit bewahrte. Es hat 15 weitere Jahrhunderte gebraucht, um Chalcedon wieder zu vergessen; so wie die christliche Welt den Kontakt zu Chalcedon verloren hat [wie sie einst den Kontakt zu ihrem Gründer, dem unitarischen Monotheisten Jesus verloren hat], so steht sie heute in dem Prozess, ihre Geschlossenheit zu verlieren. Es ist tatsächlich ein Verlust der Überzeugung, dass es eine letzte Wahrheit über den Einen gibt, der sagte: ‚Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben‘ (Joh 14, 6)“ (S. 431).
Ja. Aber der gleiche Jesus hat als der letztgültige Wahrheitslehrer gesagt, dass der unitarische, nichttrinitarische Monotheismusseines jüdischen Erbes die unabdingbare Wahrheit für den wahren Glauben und die wahre Anbetung ist! Sein Glaubensbekenntnis ist von einem von Menschen gemachten Glaubensbekenntnis ersetzt worden. Und das ist das Werk von nachbiblischen griechischen philosophisch gesinnten sogenannten Kirchenvätern gewesen.
Damit hat sich die Christenheit als die einzige Religion der Welt gezeigt, die darin ihren Anfang hat, dass sie das Bekenntnis ihres eigenen Gründers verwirft! Das ist eine fatale, aber leider reale Widersprüchlichkeit. Das Neue Testament sagt Seite um Seite, dass wir den Worten Jesu glauben und gehorsam sein müssen, damit wir gerettet werden können (Hebr 5, 9; Joh 3, 36 u.a.)
Hinweis: In den Zitaten sind die Anmerkungen des Autors in [ ] gesetzt.
Anthony Buzzard; Focus on the Kingdom; April 2014